Der Bundesgerichtshof hat mit den richtungsweisenden Urteilen vom 07. Mai 2014 – IV ZR 76/11 – und vom 17. Dezember 2014 – IV ZR 260/11 – nach einer Vorlagenentscheidung des Europäischen Gerichtshofs entschieden, dass die Rückabwicklung von Lebensversicherungen und Rentenversicherungen auch heute noch möglich ist, wenn die Widerspruchsbelehrung fehlerhaft ist und/oder nicht sämtliche Verbraucherinformationen sowie die Vertragsbedingungen vollständig überlassen worden sind.
Mit Urteil vom 19. November 2014 hat der BGH sein Grundsatzurteil aus Mai 2014 bestätigt und festgelegt, dass dem Versicherungsnehmer ein zeitlich unbeschränktes Widerspruchsrecht zusteht, sofern die Widerspruchsbelehrung fehlerhaft ist. Damit steht fest, dass auch bereits gekündigte und vollständig abgewickelte Versicherungsverträge ebenso noch heute rückabgewickelt werden können.
Folge des Widerspruchs ist die Rückabwicklung der Lebensversicherung. Der Versicherer muss dem Versicherungsnehmer danach sämtliche Beiträge ohne Abzug von Provisionen und Abschlussgebühren zurückzahlen. Lediglich den Wert des Versicherungsschutzes muss der Versicherungsnehmer sich anrechnen lassen. Darüber hinaus hat der Versicherungsnehmer Anspruch auf Herausgabe der mit den Beiträgen erzielten Erträge. Der Abschlag für den reinen Versicherungsschutz dürfte aber im Verhältnis zum Erstattungsbetrag nebst Zinsen eher gering ausfallen. Häufig kann sich ein Widerspruch wirtschaftlich sinnvoller darstellen als eine Fortführung oder eine Kündigung.
Die Rechtsprechung betrifft grundsätzlich die klassischen und auch fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherungsverträge, aber auch die Basisrentenverträge und Direktversicherungen, die zwischen 1995 und 2007 abgeschlossen wurdem, zumindest bis zum 01.03.2003 noch ungekündigt liefen und keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung enthielten. Darüber hinaus besteht aber auch die Möglichkeit, Verträge, die zwischen 1991 und 1995 und seit 2008 abgeschlossen wurden, durch Widerruf rückabzuwickeln.
